Ich weiß noch genau, wie meine Mutter mich damals fragte, ob mich Bücher mit solchen geschichtlichen Themen wirklich interessieren würden – sie konnte das nie richtig nachvollziehen, allgemein kommen für sie nur Sachbücher oder Zeitungen für die Lektüre in Frage, nichts Ausgedachtes, nur Fakten, Fakten, Fakten. Aber ich fand das Lesen von historischen Romanen immer die schönste Art, etwas zu lernen und es hat mir nie geschadet. Der gute alte Hannibal – heute denkt bei dem Namen doch jeder nur noch an den Kannibalen aus „Schweigen der Lämmer“. Ich fand die Sache mit den Kriegselefanten und der Alpenüberquerung immer sehr faszinierend. Oder einfach die Tatsache, dass er es wagte, das immer mächtiger werdende Römische Reich anzugreifen und dabei sogar Erfolge (Schlacht von Cannae) zu feiern. Nachdem er trotzdem scheiterte, hatte Rom seinen letzten nennenswerten Rivalen ausgeschaltet und dem Status als Weltmacht stand nichts mehr im Wege.
Josef Carl Grund, der auch mein allerliebstes und schönstes Weihnachtsbuch verfasst hat („Das goldene Weihnachtsbuch“, eine alljährliche Freude) erzählt all dies aus der Sicht des Jungen Chero. Sein Schicksal ist gemäß einer Prophezeiung am Tag seiner Geburt mit dem Hannibals verbunden, der zu diesem Zeitpunkt 12 Jahre alt ist. So soll Chero über insgesamt drei Leben verfügen, wovon er zwei dem künftigen Feldherrn schenken würde, der Verlust des dritten bedeutet Cheros Tod. Daraufhin wird der Junge quasi als „Lebensversicherung“ für Hannibal von dessen Vater Hamilkar Barkas (ebenfalls ein ruhmreicher Feldherr) streng bewacht und isoliert von der übrigen Welt. Erst als Jugendlicher gelingt ihm die Flucht nach Spanien, wo bald darauf die karthagischen Truppen kämpfen. Erst nach vielen Gefahren wird Chero die wahre Bedeutung der Prophezeiung klar und es liegt in seiner Hand, was er mit seinem „eigenen“, dritten Leben anfangen will.
Im Gegensatz zu den vielen historischen Jugendbüchern, die im alten Rom oder Ägypten spielen, wird hier eine unbekanntere und ebenfalls sehr spannende Kultur dargestellt. Als erwachsener Leser kann man mit Flauberts „Salammbô“ dahin zurückkehren, auch wenn die Beschreibungen dort dann ungemein sinnlicher, dekandenter und ausgeschmückter sind. Aber „Zwei Leben für Hannibal“ ist mir auf jeden Fall als gutes und lesenswertes Buch in Erinnerung geblieben.