Wie ich bereits in einem anderen Post schrieb, fühlte mich in meiner Jugend Anne Frank sehr verbunden, als wäre sie eine Schwester gewesen. Daher versuchte ich, soviel wie möglich über sie zu erfahren und war mehr als erfreut, diese Biografie zu finden, die ihre ganze Geschichte erzählt, auch die Jahre vor dem Tagebuch und dem Hinterhaus und, was mich besonders interessierte, die wenigen Monate danach bis zu ihrem allzu frühen Tod in Bergen-Belsen. Da ich damals für die Schülerzeitung tätig war, erschien darin eine von mir verfasste Buchempfehlung über Carol Ann Lees Werk – jaja, früh übt sich, wer ein Literatur-Blog-Schreiber werden will…

Quelle: zvab.com
Durch die Biografie bekommt man ein besseres Gesamtbild von Anne und ihrer Familie. Man erfährt etwas über ihre Herkunft und wie die Franks lange Jahre in Frankfurt/Main lebten, wo Margot und Anne geboren wurden. Es gibt Berichte von Freunden und Verwandten wie Buddy Elias, Hannah Pick-Goslar und Jacqueline van Maarsden, die zwar fast alle ihre eigenen Erinnerungen veröffentlicht haben, doch hier hat man sie einmal alle gesammelt. Auf diese Weise wird das Mädchen hinter dem Tagebuch sehr lebendig und man bekommt einen noch größeren Respekt vor ihr. Gleichzeitig wird deutlich, was für ein ganz normaler Teenager sie eben gewesen ist, anfangs noch sehr kindlich, verwöhnt und selbstsüchtig, doch langsam immer stärker, reifer und mit der Gabe, in den verzweifelsten Situationen ihren Optimismus zu bewahren. So verlor sie auch im Zwischenlager Westerbork und später in Auschwitz nie den Lebensmut. Erst als ihre Schwester Margot in Bergen-Belsen dem Typhus erlegen war und Anne glaubte, dass keiner ihre Familie überlebt hätte, ergab sie sich ihrem Schicksal – hätte sie gewusst, dass das Lager wenige Wochen später befreit werden würde und ihr Vater tatsächlich schon frei war, hätte sie sicher weiter gekämpft. Aber dies ist nur ein weiteres Glied der tragischen Verkettung von Umständen, die zum Tod dieses bewundernswerten Mädchens führten.
Ich kann diese Biografie jedem ans Herz legen, der Annes Tagebuch gelesen hat und nun mehr über ihr Leben erfahren möchte, mehr über die Umstände des Hinterhausverstecks und über die übrigen Bewohner sowie die Lage der Juden in den besetzten Niederlanden allgemein. Auch wird der Frage nachgegangen, wer die Untergetauchten damals verraten haben könnte. Weniger umfangreich als dieses Buch, aber mindestens ebenso interessant ist übrigens Miep Gies‘ „Meine Zeit mit Anne Frank“, ein Bericht der engsten Helferin der Versteckten. Der Mut jener Menschen kann nicht hoch geschätzt werden, selbst wenn ihre Bemühungen am Ende zunichte gemacht wurden. Wir haben Annes Aufzeichnungen, um nie zu vergessen, dass sich ein Schicksal wie das ihrige nie wiederholen darf.