Ein Monat - ein Buch

November 2006: Penelope Williamson – Wagnis des Herzens

Seitdem ich an einem Novembertag Beatles-Fan wurde, hat dieser Monat etwas Magisches für mich; ich mag das Wetter – ob Nebel oder klares, kühles Herbstleuchten –, diese leichte Melancholie des Abschieds (der Natur, des Jahres) und glaube, dass etwas Unerwartetes, Wunderbares meinen Weg kreuzen könnte. Der November 2006 bestärkte mich in diesem Glauben. So ging zum Beispiel ein langgehegter Wunsch von mir in Erfüllung. Mit meinen 18 Jahren kam ich mir schon ungemein reif und erwachsen vor, schließlich befand ich mich in meinem letzten Schuljahr, eine wirklich gute und wertvolle Zeit. Tja, und dann war ich plötzlich noch verliebt, lief durch einen regennassen Wald, deklamierte Gedichte, ach, wie war alles so romantisch! Zu dieser Stimmung passte „Wagnis des Herzens“ hervorragend, ein typischer Frauen-Liebesroman, wie ich ihn eigentlich selten lese, weil mir da der Anspruch fehlt. Aber wie ich immer so schön sage: Man kann ja nicht immer nur alte Wälzer aus dem 19. Jahrhundert durchackern, man braucht auch mal was Einfaches für Zwischendurch, unterhaltsam, zum Abschalten. Manche Leute lesen nur solche Bücher.

Quelle: lovelybooks.com

Das Cover ist auch sehr hübsch, man sehe sich nur die Schleife an

Früher schaute ich manchmal Kataloge von Weltbild durch (das Verlags- und Buchhandelsunternehmen, das kürzlich Insolvenz anmelden musste) und stieß dabei mitunter auf Bücher, die mein Interesse weckten: „Wagnis des Herzens“ gehörte dazu. Wie der Titel schon vermuten lässt, handelt es sich um einen Herz-Schmerz-Roman, in dem eine junge Frau, Emma, ihren vorgezeichneten Weg in der feinen Gesellschaft Neuenglands verlässt, als sie sich mit der armen irischen Einwandererfamilie McKenna anfreundet. Besonders die Mutter, Bria, schließt sie sehr ins Herz, und erfährt von ihrem schwierigen Leben vor der Immigration (ihr Mann lehnte sich gegen die englischen Landbesitzer auf und fand fast den Tod dabei), aber auch danach. – Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, aber sie musste wohl dem Einwanderungsbeamten sexuell gefällig sein, damit die Familie nach Amerika durfte, und weiß nun nicht, ob das Kind in ihrem Leib von der Vergewaltigung stammt. Ihre zwei kleinen Mädchen müssen schon in einer Spinnerei arbeiten. Und todkrank ist sie außerdem. Trotzdem hat sich Bria eine Anmut und einen Stolz bewahrt, der Emma beeindruckt. Mit ihr kann sie über alles sprechen, was sie sonst niemandem anvertrauen kann, beispielsweise über die Zwänge, die ihr von der Familie (besonders ihrer Mutter) auferlegt werden oder ihre Unsicherheit, ob ihr Verlobter, ein gefühlskalter und profitbewusster Fabrikbesitzer, wirklich der richtige Mann für sie ist. Nur eines verschweigt Emma lieber: Dass Brias Mann Sheamus (Shay genannt) eine große Anziehungskraft auf sie ausübt, ungehobelt und rauh, wie er ist. Sie sieht ihn zum ersten Mal als Treiber auf einer Fuchsjagd, später auch beim Boxkampf, und durch die Besuche bei ihrer Freundin trifft sie öfter auf Shay, als für ihren Seelenfrieden gut ist. Nun kommt aber der Dreh: Bria billigt Emmas Gefühle nicht nur, sie wünscht sich sogar ausdrücklich, dass nach ihrem Tod Emma und Shay heiraten, damit beide glücklich werden. Wenn das mal kein Grund ist, die Taschentücher rauszuholen …

Der Roman traf damals einen Nerv in mir, die Geschichte ist nicht nur romantisch, sondern auch sehr mitreißend und man fiebert bis ans Ende mit allen Protagonisten mit, wie es ihnen ergeht, welche Entscheidungen sie treffen werden – und natürlich, ob Emma ihre Liebe findet. Das ganze garniert mit ein paar irischen Einsprengseln („Mo Bachanaraid“ heißt, glaube ich, „Meine Liebste“) und der obligatorischen Liebesszene gegen Ende des Buches: fertig ist der perfekte Schmöker. Er ist aber weniger kitschig und albern, als man glauben könnte, auch für Leute geeignet, die „sowas sonst nicht lesen“, und die Rezensionen, die ich im Internet gelesen habe, waren fast durchgängig sehr positiv (Beispiel). Die Geschichte wirkte lange nach und ich habe anschließend noch weitere Bücher von Penelope Williamson mit ähnlicher Begeisterung gelesen, immer wenn ich ein wenig Romantik und Leidenschaft in meinem Leben brauchte. Ich erinnere mich noch immer gerne zurück an die Lektüre von „Wagnis des Herzens“, überhaupt an die Zeit damals, den Zauber, alles ist miteinander verwoben und oh! man wird ja nie wieder so jung und naiv sein wie mit 18.

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