Einmal und nie wieder

Stephanie Meyer – Bis(s) zum Morgengrauen/Breaking Dawn

Nach all der schöngeistigen und anspruchsvollen Lektüre, die in diesem Blog schon besprochen wurde, muss ich nun gestehen: Auch ich habe die „Twilight“-Reihe gelesen. Allerdings nur den ersten und den letzten Teil, falls das schuldmindernd wirkt. Allein schon die Tatsache, dass man mühelos Teil 2 und 3 auslassen kann, ohne großartig Probleme beim Folgen der Handlung zu haben, spricht doch schon Bände. Als ich „Harry Potter und der Feuerkelch“ vor „Der Gefangene von Askaban“ las, konnte ich mir einiges nicht erklären (zum Beispiel gehörte Sirius Black plötzlich zum Figurenensemble), aber „Breaking Dawn“ hätte mit einigen wenigen Veränderungen auch der direkte Folgeband von „Twilight“ sein können – nichts passiert … Gut, Jacob war im ersten Buch noch nicht aufgetaucht, aber mit minimalem Hintergrundwissen – er ist ein Werwolf und auch auf Bella scharf – ist seine Rolle und Funktion innerhalb der Handlung restlos erklärt. Auf all das Hin und Her zwischen Bella und Edward in „New Moon“ und „Eclipse“ (ich verwende die kürzeren englischen Titel statt der albernen deutschen „Bis(s)“), ob sie nun Vampir wird oder doch lieber bei Jacob bleiben soll und bla konnte ich gut und gerne verzichten. Vor allem, wenn die Bücher so offensichtlich schlecht geschrieben sind.

Quelle: lovelybooks.de 

Mehr als 5,95 € ist dieses Buch wirklich nicht wert.

Mich hatte die Reihe ehrlich interessiert, als ich zum ersten Mal davon hörte (um 2007 herum) und ich hatte auch immer in der Bücherei danach Ausschau gehalten, bis ich schließlich im November 2008 fündig wurde und „Bis(s) zum Morgengrauen“ las. Mit zunehmender Langeweile und Enttäuschung. In meiner Leseliste finden sich ein paar Liebesromane, siehe zum Beispiel die von Penelope Williamson, und natürlich gehört ein gewisses Maß an Kitsch und üblichen Genrekonventionen dazu. Aber der Kitsch in „Twilight“ kann kaum überboten werden, so albern ist er. Bella erschien mir wie ein kleines dummes Mädchen, das wie von einem Ritter in glänzender Rüstung erst gerettet und dann in seinem protzigen Wagen davongetragen wird. Auch war mir die Darstellung der weiblichen Hauptfigur viel zu traditionell und langweilig (sie ist tollpatschig bis zur Peinlichkeit, kann sich ewig nicht entscheiden und kommt ziemlich passiv daher – Edward entscheidet für sie und setzt sie nach dem „Alles oder nichts“-Prinzip unter Druck) und die ganze Geschichte einfach überromantisiert. Nach all den Jahren fällt es mir schwer, mich an ein konkretes Beispiel zu enden, das meine Abneigung untermauert. Aber es war nicht so, dass ich die Lektüre mit dem Vorsatz begonnen hätte, das Buch blöd zu finden. Und ich habe auch prinzipiell nichts gegen Fantasy-Charaktere, als Jugendliche hatte ich einige Bücher mit Vampiren und ähnlichen Gestalten gelesen, und Stephen Kings „Brennen muss Salem“, das die „Dracula“-Story neu aufbereitet, gefiel mir außerordentlich gut. Allerdings mochte ich in „Twilight“ die Unterscheidung „guter Vampir“ (trinkt kein Menschenblut) vs. „böser Vampir“ (macht Jagd auf Menschen) nicht, was ja einen Gutteil des Konfliktpotenzials in der Handlung ausmacht und Edward zu diesem gefährlich-anziehenden Wesen macht. Doch ist das in meinen Augen zu einfach und inkonsequent. Zudem riecht mir das ganze „Ich kann zu deiner eigenen Sicherheit erst nach unserer Hochzeit mit dir ins Bett“-Gefasel reichlich nach „True love waits“-Kampagne, wie sie von Stephanie Meyer als Mormonin unterstützt wird. Und wenn man sich mit diesen Werten nicht identifizieren kann, will man sowas in einem Liebesroman auch nicht haben. In einem Artikel über die verschiedenen Themen in „Twilight“ fand ich folgendes Zitat:

What makes Meyer’s books so distinctive is that they’re about the erotics of abstinence. Their tension comes from prolonged, superhuman acts of self-restraint.

Na schön, dann gehöre ich zu der ungeduldigen Sorte, die aus dieser Form der Erotik wenig Gewinn zieht. Kurz gesagt, ich konnte mich nicht mit der Protagonistin identifizieren, Edward schien mir zu schön, um wahr zu sein und alles war so hoffnungslos-schleimig verkitscht (wobei sich die Geschichte aber schrecklich ernst nimmt), dass ich nur resignierend den Kopf schütteln konnte. Doch neugierig, wie es ausgeht, war ich schon und so lieh ich mir den letzten Band auf Englisch aus, Ende des Jahres 2008. Dummerweise lag ich ausgerechnet über Weihnachten mit Grippe im Bett, und wenn „Breaking Dawn“ schon im gesunden Zustand gerade so erträglich ist, wird das Lesen, geschwächt vom Fieber, zur reinen Tortur. Vielleicht wäre es mir bei jedem Buch so ergangen, aber mir war einfach schrecklich langweilig und so schlug ich diesen fetten englischen Schinken auf: aha, Bella fährt zur Tankstelle – oh mein armer Kopf… Was ich an dem letzten Teil wirklich kritisiere, ist die offensichtliche Sex-Feindlichkeit: Bella bekommt nicht nur jede Menge blaue Flecken davon, nein, sie wird auch in Windeseile schwanger und das ist dann wirklich kein Zuckerschlecken mehr. Also Mädchen, lasst die Finger davon! Hatte das Paar eigentlich je an Verhütung gedacht? Oder kommt dieses Konzept in Meyers Universum nicht vor?

Quelle: en.wikipedia.org

Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Der ganze Hype hat genervt, aber er scheint ja nun zum Glück überstanden zu sein. Ich schäme mich nicht, die Bücher gelesen zu haben, immerhin konnte ich so feststellen, dass die ganze Fantasy-Sparte nichts für mich ist. Vielleicht ist die Schlussfolgerung zu voreilig, vielleicht gibt es zwischen all den Zeitenwandlern, Zukunftsdystopien, Kampfkatzen, Drachen etc. noch echte Schätze, die ich fälschlicherweise verschmähe… Falls dies so sein sollte, bitte melden. Vielleicht war ich beim Lesen auch schon nicht mehr im richtigen Alter, obwohl „Twilight“ angeblich auch Erwachsene anspricht. Oder es ist wie bei meinem Musikgeschmack: Wenn ich als Beatles-Fan einmal weiß, wie gute Musik klingt, kann ich mit dem Wegwerf-Gedüdel in den heutigen Charts einfach nichts mehr anfangen.

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