Ein Monat - ein Buch

März 2007: Nick Hornby – A Long Way Down

Um Nick Hornby scheint es etwas ruhig geworden zu sein, während in den 90ern und 00ern seine Bücher gefeiert und verfilmt wurden. Zu den bekanntesten gehören „High Fidelity“ über einen Musik-Nerd mit Beziehungsschwierigkeiten und „About A Boy“ über die Freundschaft zwischen einem beziehungsängstlichen Lebemann und einem Schuljungen. In „Fever Pitch“ schreibt er über seine Leidenschaft für Arsenal London, mit einem erstaunlichen Gedächtnis für Ergebnisse und Spielszenen. Mit „Slam“ versuchte er sich an einem Jugendroman über einen Skateboarder im Teenager-Alter, dessen Freundin ungewollt schwanger wird und der imaginäre Lebenshilfe von seinem Idol Tony Hawks erhält – dieses Buch mochte ich von allen Hornby-Romanen am liebsten.

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Quelle: lovelybooks.de

Der erste, den ich las, war jedoch „A Long Way Down“. Zum Lesen verführte mich die ungewöhnliche Ausgangssituation: Vier Menschen treffen sich in einer Silvesternacht auf dem Dach eines Londoner Hochhauses, weil jeder von ihnen seinem Leben ein Ende setzen will. Doch in Gesellschaft springt es sich nicht so gut und so beschließen sie, die Sache auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Im weiteren Verlauf lernen wir ihre persönlichen Motive für den Drang zum Suizid kennen und erfahren, wie es mit ihnen weitergeht. Dabei wird die Geschichte jeweils aus der Sicht der Protagonisten erzählt. Diese wären: Maureen, eine einsame Hausfrau mit einem schwerbehinderten Jungen; Martin, ein bekannter TV-Moderator, dessen Nachtclub-Leben und Affären von der Yellow Press ausgebreitet wurden; Jess, die junge Tochter eines Politikers, die Probleme mit ihrer Familie hat und von ihrem Freund verlassen wurde; und schließlich JJ, ein Amerikaner, dessen Traum von einer Musikkarriere geplatzt ist. Unvermeidlicherweise freunden sich die vier an und finden gemeinsam eine positivere Sicht auf das Leben.

Diese Kurzfassung klingt recht kitschig, tatsächlich läuft es die meiste Zeit nicht sehr harmonisch ab, und es lösen sich auch nicht im Handumdrehen alle Probleme in Luft auf. Immerhin gelingt es den Charakteren, einmal die Perspektive zu widmen und so zu erkennen, dass es noch immer Hoffnung gibt. Am ärgsten hat es zweifellos Maureen getroffen: Wie sie selbst berichtet, ist ihr Sohn Matty das Produkt eines One-Night-Stands, der obendrein die einzige sexuelle Begegnung war, die sie je gehabt hat. Sie opfert sich in ihrer Rolle als Mutter auf, zweifellos auch als „Buße“ für ihren Fehltritt, wie sie ihre Affäre als praktizierende Katholikin ansieht.

Der Roman ist im typischen Hornby-Stil mit viel schwarzem Humor geschrieben und packt einen schnell, auch wenn man vielleicht den einen oder anderen Protagonisten nicht so mag (insbesondere Jess) oder dessen Probleme vergleichsweise gering zu sein scheinen. Der Autor versucht auch nicht, am Ende alles in Wohlgefallen auflösen zu wollen, die Möglichkeit eines Suizids steht weiterhin im Raum und ist nur vertagt – vielleicht ähnlich wie beim „Steppenwolf“, der in dieser Möglichkeit Trost fand. Insgesamt eine hübsche Geschichte darüber, wie man sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zieht –  auch wenn das in der Realität bei einer  Depression leider nicht so einfach ist.

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Quelle: joblo.com
Tun Sie’s nicht! Szenenfoto aus der Verfilmung mit Pierce Brosnan, Imogen Poots und Toni Collette

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